WAS SCHMERZEN BEIM SEX MIT RELIGION ZU TUN HABEN
PODCAST MIT “THE VAG STORIES”
Ich bin mit Nora von “the vag stories” im Gespräch (Hochdeutsch). Sie stellt Euch unsere Podcast-Folge vor:
“Die Barriere beim Vagina Eingang steht für das christliche Denken”, sagt Veronika Schmidt bei mir im Interview und löst damit ein unfassbar spannendes Gespräch aus. Wir gehen den Fragen nach, ob ‘kein Sex vor der Ehe’ auch bei nichtreligiösen Menschen verankert ist, und warum Vaginismus auch eine Reaktion der Angst ist, nicht mehr Kind sein zu dürfen. Dieses Gespräch habe ich soooo so lange herbeigesehnt, weil ich so viele Fragen zu Religion & Vaginismus hatte. Warum? Weil ich - ohne dass ich es beweisen konnte und kann - überzeugt bin, dass unsere Glaubensmuster einen Grossteil der Vaginismus-Verspannung verursachen.”
Siehe auch den früheren Blog-Beitrag:
VAGINISMUS - DIE SEXUELLE TRAGÖDIE RELIGIÖSER FRAUEN
Hinter “the vag stories” steht Nora. Mit ihrer Initiative widmet sie sich der Aufklärung & Erklärung über Vaginismus. Als Vaginismus Betroffene und sich heute als 'geheilt' bezeichnend, möchte sie den Tabu-Themen rund um Vaginismus, Vulvodynie (Dyspareunie als Überbegriff), Endomentriose, Lichen Sclerosus / Planus und der Beckenbodendysfunktion Raum geben und Unterstützung für Betroffene, Partner und Ärzte bieten. Denn Sexualität muss nicht schmerzhaft sein!
Mit ihren Videos will sie anderen Betroffenen helfen, sich mutig Ängsten zu stellen und Schmerzen zu heilen. Ihre Arbeit findest Du hier:
youtube the vag stories
www.instagram.com/thevagstories
https://open.spotify.com/show/5ChtE2wQluPadqsY6hCQZR
WIDER DIE SEXPFLICHT!
GEGEN PFLICHT UND FRUST HILFT NUR DIE LUST!
Veronika Schmidt
Noch nie gab es so viele Reaktionen auf einen BLOG-Beitrag, wie zu “VAGINISMUS - DIE SEXUELLE TRAGÖDIE RELIGIÖSER FRAUEN”. Viele Frauen und auch Männer waren bestürzt, betroffen, verzweifelt, verunsichert, empört.
“Der Blog geht ganz schön unter die Haut”, schrieb eine Frau: “Ich bin unglaublich dankbar, dass ich auf meinem persönlichen Entwicklungsweg eine Beziehung zu mir aufbauen konnte, welche mir lustvollen Sex ermöglicht - obwohl ich in einem extrem engen christlichen Gemeindeumfeld aufgewachsen bin.” “Ich bin entsetzt”, schrieb eine andere Frau. Nicht so, wie ihr vielleicht denkt. Sie war entsetzt über der Tatsache, dass Sex gar keine Pflicht ist, wie sie geglaubt und ihr von ihrem Mann und der Gemeinde eingetrichtert wurde.
Die wahre Tragödie ist, dass Frauen mangels Vermittlung einer Kultur der Lust “hinhalten”, weil sie Sex nicht zu geniessen gelernt haben. Sie getrauen sich auch nicht, zu ihren eigenen Bedürfnissen und Grenzen zu stehen. Handkehrum ist es aber auch eine Tragödie, wenn Paare keine gemeinsame Sexualität leben, weil Frauen sich verweigern. Die Ursachen beider ehelicher Tiefpunkte sind auch hier in der Purity Culture, der Aufklärungsverweigerung und der Vorstellung einer Sexpflicht zu finden.
Leider gibt es Männer, die Sex einfordern. Gerne auch mit meinen Büchern in der Hand. Ein Mann sagte mir, ich würde doch in meinen Büchern schreiben, ein Paar sollte möglichst viel Sex haben. Nein, das steht nirgends in meinen Büchern. Wenn schon, steht da, ein Paar sollte möglichst viel Lust beim Sex empfinden. Es steht da, wie Frauen entgegen einer sex- und frauenfeindlichen religiösen Kultur Lust entwickeln können. Es steht da auch, wie Männer aus einer ungesunden Sexfixiertheit (die sie oft mit “Lust” verwechseln) zu sich selbst und ihrem Körper finden. Denn auch Männer leiden unter den verqueren religiösen Vorstellungen von Sex.
Die Sexpflicht wird mit der Bibelstelle in 1. Korinther 7:5 gerechtfertigt:
Keiner soll sich dem anderen verweigern, es sei denn, beide Ehepartner beschließen übereinstimmend, sich für eine begrenzte Zeit sexuell zu enthalten, um sich noch intensiver dem Gebet widmen zu können. Danach kommt wieder zusammen, damit euch der Satan nicht in Versuchung führt, weil ihr euch nicht beherrschen könnt. (NLB)
Über die vorangehenden und nachfolgenden Verse dieser Bibelstelle sollte man ein wenig brüten, damit sich einem Paulus Haltung zu Sex erschliesst. Vorangegangen war nämlich eine aus Paulus Sicht ungesunde Haltung der Korinther, die postulierten, am besten würden Christen gar ganz auf Sex verzichten. Also totale Askese, selbst wenn man verheiratet ist. Nach dem Motto “ein rechter Christ braucht keinen Sex”. Dem widerspricht Paulus entschieden. Was er dabei ebenfalls festhält: Sex ist etwas Gegenseitiges, Einvernehmliches, Gleichgestelltes. Darüber kann nicht eine Person allein entscheiden. Weder der Mann allein, noch die Frau allein. Wobei Männer eher über das Stattfinden entscheiden und Frauen über das Nichtstattfinden. Doch beides ist nicht in Ordnung.
Deshalb sollten wir auch über das Wort “entziehen” nachdenken. Beziehungsweise über die Gründe, weshalb Partner sich entziehen. Meistens ist es der Druck, zu müssen. Unter diesem Druck stehen auch Männer. Denn dass Mann immer will und kann ist ein weit verbreiteter Mythos, der nicht stimmt. Männern vergeht ebenso die Lust auf Sex, wenn sie unter Stress stehen, Frau und Kinder nerven und sie sich nicht verstanden fühlen. Sex in einer (langjährigen) Beziehung braucht viel dringender eine wohlwollende und wertschätzende Atmosphäre als Leidenschaft. Leidenschaft kann entstehen beim Sex, doch ohne liebevollen Umgang wird er möglicherweise gar nicht erst stattfinden.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet unterstütze ich Paulus Rat sehr, dass man sich nicht entziehen soll. Entziehen betrifft nicht nur den Sex, sondern genauso die emotionale Nähe und Verbundenheit. Sich nahe und beste Freunde sein, zwei eigenständige Persönlichkeiten bleiben (oder werden) und etwas sexuelles Know-How sind beste Voraussetzungen für ein lustvolles und befriedigendes gemeinsames Sexleben. Was, wie Paulus in 1. Korinther 7:6 sagt, eine Empfehlung ist, kein Muss:
Das ist aber nur eine Empfehlung von mir, kein Gebot. (NLB)
VAGINISMUS - DIE SEXUELLE TRAGÖDIE RELIGIÖSER FRAUEN
SCHMERZEN BIS ZUM SCHEIDENKRAMPF
Veronika Schmidt
“Ein bisschen wehtun muss es”,
hatte die selbsternannte christliche Sexualberaterin meiner Klientin gesagt, als diese ihren Lustfrust wegen Schmerzen beim Sex beklagte. Diese Episode ist bezeichnend für den Umgang mit Sexualität in der christlichen Lebenswelt. Fehlende Kultur der Lust und wenig Ahnung, wie Sex funktioniert, aber geprägt von eigentümlichen Mythen rund um Sex. Oder wie kommen Christenmenschen auf die Idee, Sex müsse wehtun?
Eine amerikanische Studie hat sich mit diesem Phänomen befasst und dazu ein Buch veröffentlicht: “THE GREAT SEX RESCUE: The Lies You've Been Taught and How to Recover What God Intended”. In diesem Buch fragt Sheila Wray Gregoire: Was ist, wenn es nicht deine Schuld ist, dass der Sex in deiner Ehe schlecht ist? Was, wenn es die problematischen religiösen Lehren sind, die den Sex so vieler Paare ruinieren? Einer dieser Lehren ist die Purity Culture, sexuelle Enthaltsamkeit bis zur Ehe. Diese umfasst eine ganz eigene Subkultur, die sich auf die Aufrechterhaltung der "sexuellen Reinheit" konzentriert und sich sexueller Aufklärung mehrheitlich verweigert.
Aufgrund einer Umfrage unter 22.000 christlichen Frauen untersuchte The Great Sex Rescue, weshalb manche Ehen guten Sex haben und bei anderen Paaren der Sex aus Frust in kürzester Zeit im Sand verläuft. Seit Generationen wird gläubigen Menschen (vor allem Frauen) das Gefühl gegeben, das Sex etwas Schmutziges sei. Weshalb bei ihnen die Scham- und Schuldgefühl-Alarmglocken losgehen, sobald sie berührt werden oder Erregung verspüren.
Und was macht der Körper? Er geht in Abwehrstellung und verkrampft sich, vor allem der Beckenboden. Ein verkrampfter Körper aber kann weder Lust empfinden noch geniessen, er fühlt vor allem Schmerz. Bei manchen Frauen verkrampft sich der Beckenboden so stark, dass Geschlechtsverkehr überhaupt nicht möglich ist. Die Diagnose: Vaginismus (Scheidenkrampf). Von Vaginismus spricht man, wenn sich die Beckenbodenmuskulatur unwillkürlich verkrampft, sobald etwas eingeführt werden soll. Penetrativer Sex wird unmöglich, auch gynäkologische Untersuchungen oder der Gebrauch von Tampons werden zur Tortur: “Als ob jemand ein Messer in mich rammen würde”, beschreiben Frauen jeden Versuch. Betroffene fühlen sich minderwertig, weil sie das vermeintlich Natürlichste der Welt nicht hinkriegen.
Neben der Vorstellung, dass Schmerzen beim Sex dazugehören, führt auch die Vorstellung von “Sexpflicht” zu übermässigen körperlichen Abwehrreaktionen. Eine Frau, die seit zwanzig Jahren unter ihrem Sexfrust leidet, erzählte mir unter Tränen, dass ihre Mutter ihr erst durch die Jugendzeit hindurch die Hölle heiss machte, ja keinen Sex vor der Ehe zu haben. Um ihr dann am Vorabend der Hochzeit einzubläuen, nun müsse sie jederzeit Sex mit ihrem Mann haben und dürfe sich nicht entziehen.
In The Great Sex Rescue ist zu lesen, dass 40 Prozent der freikirchlichen Frauen, welche heiraten, glauben, sie wären verpflichtet, mit ihrem Mann zu schlafen, wenn er das möchte. Dieses Gefühl der Sexpflicht führt dazu, dass Vaginismus bei gläubigen Frauen 1,8mal mehr vorkommt, als üblich. Seit 50 Jahren weiss man, dass konservativ religiöse Frauen eine zweimal höhere Wahrscheinlichkeit haben, Schmerzen beim Sex zu empfinden. Der Grund steht im Buch: “Frauen zu sagen, sie wären zu Sex verpflichtet und sie könnten nicht NEIN sagen, interpretieren ihre Körper als traumatisch - weil es auch so ist.”
Die Sexualtherapeutin Karoline Bischof vom Zürcher Institut für klinische Sexologie und Sexualtherapie ZISMED (meine Ausbildnerin 😏) sagt in einem aktuellen Interview im Tages-Anzeiger, sie beobachte, dass dem Vaginismus ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper zugrunde liege. Deutlich häufiger betroffen seien Frauen aus sehr konservativen oder religiösen Kulturkreisen, in denen Sexualität unterdrückt werde und Selbstbefriedigung tabu sei.
“Es ist ein körperlicher Abwehrreflex auf ein psychisches Leiden. Nur in den seltensten Fällen haben die Schmerzen eine physische Ursache, zum Beispiel Missbildungen der Vagina oder hormonelle Umstellungen. Meist ist Vaginismus mit angstvollen Vorstellungen verbunden. Der Beckenboden ist ein «Angstmuskel»: Er zieht sich instinktiv zusammen, wenn wir erschrecken, etwa wenn eine Tür zuknallt. Nach dem gleichen Muster kann er sich nach einem emotionalen Trauma verkrampfen, etwa einem sexuellen Missbrauch oder einer sehr schmerzvollen Geburt.”
Sexualtherapeutin Karoline Bischof
Viele betroffene Frauen glauben laut Bischof zudem fälschlicherweise, ihre Vagina sei zu eng. Eine weitere Ursache für Vaginismus könne eine übersteigerte Angst vor einer Schwangerschaft sein. Hinzu komme, dass Weiblichkeit noch immer stark mit Schmerzen assoziiert werde. “Menstruation, erstes Mal, Gebären – Frausein tut weh. Diesen Mythos haben viele verinnerlicht”, sagt Bischof. Doch auch die sexuelle Lerngeschichte eines Kindes sei prägend und beginne bereits am Wickeltisch: “Wenn Mütter und Vätern ihren Babys signalisieren, ‘es ist nicht gut, wenn man sich da unten anfasst’, setzt das bereits eine erste Hemmschwelle”. Oft existiere in der Familie auch kein Wort für das weibliche Geschlecht. “Dann wird die Vagina für Mädchen zu einem unbekannten Ort, den sie nicht erkunden können.”
Die gute Nachricht ist, Vaginismus ist gut behandelbar. “Das Ziel einer Therapie ist, dass die Frauen selbst entscheiden können, ob sie jemanden in ihre Vagina hineinlassen”, sagt Karoline Bischof. Mittels Beckenboden-Übungen – bewusstes Anspannen und Lösen – kann Frau lernen, die Kontrolle über diesen Muskel zu erlangen und durch die Atmung ihr Nervensystem und somit ihre Angst zu regulieren. Und sie kann sich durch Selbstberührungen und Selbststimulation ihren Körper liebe- und lustvoll aneignen.
Verschiedene Bücher von mir helfen zur Selbsterkundung und ermöglichen einen lustvollen Lernweg zur schmerzfreien Lust. Die Illustrationen in diesem Beitrag stammen aus dem neuen Aufklärungsbuch für Teenies “SEX - ALLES, WAS DICH INTERESSIERT”. “LIEBESLUST” ist das Aufklärungsbuch für Erwachsene mit biblischem Bezug. Verheirateten Menschen empfehle ich das Buch “ALLTAGSLUST”. Darin befinden sich praktische Übungen und Tipps für ein besseres Sexleben, wie Anleitungen für Beckenbodenübungen und lustvolle Stimulation. Last but not least, gehöre nicht zu den Aufklärungsverweigernden, sondern mach Dich schlau, wie Aufklärung gelingt, mit dem Buch “AUFGEKLÄRT”. Damit keine weitere Generation mehr der frommen Sextragödie zum Opfer fällt. Alle Bücher hier bestellen.
Höre auch den Podcast:
WAS SCHMERZEN BEIM SEX MIT RELIGION ZU TUN HABEN
WICHTIGES PETTING – DIE EROTISCHE SCHMUSEREI
Veronika Schmidt
Vergesst das Petting nicht! Petting ist für Paare eine super Sache. Denn es bringt einander näher. Und es hilft, (neue) erotische Fähigkeiten zu entdecken.
Was ist Petting? Laut Definition umfasst Petting Formen körperlicher Stimulation, ausgenommen des Geschlechtsverkehrs, die sexuelle Erregung hervorrufen. Führt es zum Geschlechtsverkehr, so wird es auch Vorspiel genannt. Die wichtigsten Praktiken sind Küssen und manuelle und orale Stimulation der erogenen Zonen einschließlich der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale sowie das Aneinanderreiben derselben. Petting gilt als verbreitetste Form des Sexualverhaltens bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Doch alle Paare sollten es für sich (wieder)entdecken.
Viele Paare, die vielleicht eine eingefahrene Sex-Routine miteinander haben, wissen gar nicht, wie vielfältig die Lust des anderen oder auch die eigene sein kann. Also, was alles erregt und welche neuen Entdeckungsmöglichkeiten es gibt. Eine längere Beziehungsdauer lässt zudem vielleicht Neues, noch nicht Erprobtes zu, weil die Vertrautheit gewachsen ist. Oder ein Paar ist Ewigkeiten zusammen und hat ganz vergessen, wie lustvoll gegenseitiges Entdecken des Körpers noch sein kann.
Seltsamerweise denken Paare bei Sex vor allem an Penetration, sprich Geschlechtsverkehr. Doch Sex beinhaltet eine vielfältige Palette sexueller Spielvarianten ausserhalb von reinem Geschlechtsverkehr. Wenn diese Spielvarianten nicht (mehr) gelebt werden, kann es schnell dazu führen, dass Sex und erotische Begegnungen auf der Strecke bleiben, wenn man Penetration aus dem Weg geht. Aus verschiedensten Gründen. Weil Penetration (momentan) nicht möglich ist. Weil sich Penetration generell unangenehm anfühlt. Weil sie schmerzt. Oder weil die Erektion nicht hält und Penetration deshalb nicht mehr so gut geht. Oder weil man damit warten will bis zur Ehe.
Doch Sex ist auch Petting. Petting ist eine erotische Alternative zu Penetration. Mit Petting-Verzicht bringen wir uns um die erotischste Sache der Welt. Petting kann sowohl als Vorspiel zum Geschlechtsverkehr, als auch für sich allein gesehen, eine ekstatische Form des Sexlebens sein. Vor allem aber empfiehlt es sich, nach einer längeren Sexpause, zum Sex-Wiedereinstieg oder zum Sexeinstieg überhaupt, ausgiebig zu fummeln und sich gegenseitig in Fahrt zu bringen . Auch für erfahrene und langjährige Paare ist Petting Bestandteil eines ausgedehnten, empfindungsvollen Slow-Sex.
Viele Paare, die mit dem Geschlechtsverkehr bis zur Ehe warten und dabei auch auf ausgiebiges Petting verzichten, müssen sich erstmal erotisch kennenlernen. Oft setzen sie sich unter Druck, gleich das “fulminante Feuerwerk” beim Geschlechtsverkehr erleben zu wollen. Doch es ist ratsam, erst eine Phase des Pettings zu haben. Sich erst körperlich kennen zu lernen, sich gegenseitig bis zum Höhepunkt zu verwöhnen lernen und erst dann lustvoll mit dem Geschlechtsverkehr zu experimentieren.
Petting hilft, seinen eigenen Körper und den Körper des anderen zu entdecken und Lust, Erregung und sexuelle Möglichkeiten auszuprobieren. Und dabei auch mit Zeit, Langsamkeit und Intensität zu spielen. Denn je länger die Erregungsphase bei der Stimulation andauert, desto empfindungsvoller ist der Orgasmus.
Eine hohe Erregung erreichen und halten lernen
Eine hohe Erregung ist vor allem auch für die Frau entscheidend. Denn damit einher gehen eine lustvolle Wahrnehmung von Vulva und Vagina und genügend Feuchtigkeit für angenehmen Geschlechtsverkehr. Die Klitoris, das entscheidende Schwellkörperorgan für alle diese Vorgänge, braucht – anders als der Penis – eine Erregungsphase von gerne fünfzehn Minuten. Doch auch Männer können lernen, mit der Erregung zu spielen, sie länger zu halten und mehr dabei zu erleben.
Sich dem anderen überlassen
Petting ist auch Verführung. Dass aus einem zarten Kuss plötzlich mehr werden kann. Verwöhnende Finger… Dass der anderen einen anfasst und verführt. Und zwar so langsam, wie es eben beim Petting vor sich geht. Dass man den anderen bis zum Orgasmus bringt oder sich dem anderen bis zum Orgasmus überlässt, ohne dabei unbedingt Geschlechtsverkehr folgen lassen zu müssen. Das kann man durchaus zelebrieren und sollte nicht als Teenie-Sex abgetan werden.
Petting bringt das Küssen zurück
Wann habt Ihr das letzte Mal so richtig intensiv geküsst? Eben! Gerade langjährige Paare beschränken sich im Alltag auf kurze Küsschen zur Begrüßung oder vielleicht noch ein bisschen Knutscherei beim Sex. Doch richtig intensive Zungenspielereien mit leidenschaftlichem Lecken in allen Variationen, mal zärtlich mal fordernd, werden leider mit Dauer einer Beziehung immer seltener.
Langsamkeit ist das A und das O
Auch wenn das Küssen schon so erregt, dass Ihr meint, es kaum noch auszuhalten: Wartet ab! Nehmt zwischendurch das Tempo raus, streichelt nur sanft, lasst die Zunge oder die Finger kurz mal weg, atmet tief durch. Denn kurze Pausen erregen und Erregung wird noch intensiver, wenn es danach wieder weitergeht.
Gleiten und flutschen
Während Gleitgel beim Sex oft manchmal zu viel des Guten ist, kann es beim Petting nicht flutschig genug sein.
Massieren in der Peripherie
Massiert Euch. Einer gibt, einer nimmt. Zum Beispiel von den Oberschenkeln zu den Füssen (hier sitzen besonders viele Nerven, die auch sexuelle Erregungen erzeugen) und wieder auf der Rückseite hoch bis zum Po. Oder sich hocharbeiten vom Bauch über die Brust zu den Armen oder vom Po über den Rücken zum Kopf.
Bewegen - Nicht bewegen!
Bewegen – Räkeln – Spielen mit dem eigenen Beckenboden, während man verwöhnt wird, ist gut. Ebenso erregend kann es sein, einfach mal nichts zu machen. Haltet kurz mit dem Streicheln und Küssen inne, lasst dabei Eure Körper aber ruhig aneinandergepresst. Je größer die Fläche der Berührung, desto intensiver die Empfindung. Auch das kann erregend sein und danach das Sehnen wecken, wieder mit Stimulation fortzufahren. Tipp: Häufigere Pausen trainieren die sexuelle Ausdauer! Und lassen den Orgasmus intensiver sein.
Petting kann extrem “heiss” sein – entscheidend ist, was beide daraus machen. Viele Vorschläge fürs Befingern und Beschmusen gibt’s im Buch ALLTAGSLUST.
PS: Und zum Schluss noch dies: Ist Petting richtiger Sex oder nicht?
Tja, diese Frage entscheidet über Sein oder Nichtsein des „Mit-Sex-Warten-bis-zur-Ehe-Credos“. Wie definieren wir „Warten“? Ich habe es mal für eine Umfrage getan: Sex ist sich gegenseitig zum Orgasmus bringen. Es gab Proteste zu dieser Definition. Von (jungen) Gläubigen, die sich plötzlich damit konfrontiert sahen, allenfalls doch nicht mit dem Sex bis zu Ehe gewartet zu haben, sich gerne aber damit brüsteten. Von Pastoren, die es gar nicht so genau wissen wollen, weil sie genau spüren, dass es damit absurd wird. Es ist längst absurd geworden. Man darf alles und in jede Öffnung, ausser in die Vagina. Oder man darf rein gar nichts. Oder man darf sich einfach nicht dabei erwischen lassen. Oder man darf nicht zusammen Urlaub machen, alles andere ist egal, weil nicht kontrollierbar. Was man aber auf gar keinen Fall tun darf, ist selbst Verantwortung übernehmen. Ja, so sieht’s aus.
PPS: Eine Studie der Columbia University und der Yale University kam zu der Ansicht, dass ein Keuschheitsversprechen den ersten Geschlechtsverkehr etwa anderthalb Jahre verschieben. Dabei wurde True Love Waits in der Studie ausdrücklich genannt: „Von 12.000 Teenagern im Alter von 12 bis 18 Jahren, die das TLW-Programm durchliefen, hatten innerhalb von sechs Jahren nach Abschluss des Programms 88 % vorehelichen Geschlechtsverkehr.“ (Quelle: Wikipedia)
PPPS: Heisst das jetzt, dass Warten mit dem Sex bis zur Ehe für Paare kein erstrebenswertes Ziel ist? Doch, ist es. Aber es sollte allein in der Verantwortung des erwachsenen Paares liegen, ob sie warten und wie sie Warten gestalten – es geht schlicht und einfach niemanden etwas an. Falls Du selbst Verantwortung übernehmen willst – so könnte diese aussehen: BLOG - Eine neue Sexualmoral