Hoi Veronika
Ich weiss, das tönt voll blöd. Ich liebe meine Frau wirklich und sie ist attraktiv. Aber ich finde unseren Sex langweilig. Wir sind jetzt doch ein paar Jahre verheiratet und anfangs dachte ich, dass sie einfach ein wenig unsicher ist. Aber ich darf nichts ausprobieren, sie findet es sofort eklig und unnatürlich und denkt, das dürften wir nicht tun. Dabei wünsche ich mir nichts wahnsinnig Extremes. Ich würde sie einfach gerne auch mal oral verwöhnen, aber sie lässt es nicht zu. Auch mit verschiedenen Stellungen ausprobieren hat sie Mühe. Ist es wirklich so, dass man das alles „nicht darf"? Oder weshalb ist meine Frau so prüde?
Hast du mir ein paar Tipps?
Liebe Grüsse Thomas, 32 Jahre
Lieber Thomas
Zugegeben – ein bisschen gemein tönt Deine Frage schon. Vor allem, weil der Eindruck entstehen könnte, dass nur Deine Frau das Problem ist, dass Ihr keinen aufregenden Sex habt. Aber offenbar ist es Dir in den vergangenen Jahren auch nicht gelungen, Deine Frau dazu zu verführen. Das wiederum bringt mich zu der Vermutung, dass es Euch beiden ein wenig an Wissen und Lernerfahrungen diesbezüglich mangelt.
Du willst wissen, weshalb Deine Frau prüde ist? Ich frage zusätzlich: weshalb weisst Du nicht, wie Du sie aus der Prüderie befreien kannst? Sexualität ist von Kindsbeinen angelernt. Wenn es Euch zwei nun an Inspiration für Euer Liebesleben fehlt, gehe ich davon aus, dass ihr praktisch keine entsprechenden inspirierenden Vorbilder und Informationen während Eurer Jungendzeit hattet, um eine unverkrampfte Einstellung zum Sex zu entwickeln. Vermutlich bekommt Ihr auch heute keine Anregung, Euch mit Eurer Paarsexualität auseinander zu setzen. Deshalb finde ich es super, dass Du Dich aufgemacht hast, diese Situation zu ändern und mir schreibst. Ihr braucht Aufklärung und Wissen, viel Wissen.
Die Art, wie wir gelernt haben, über sexuelle Erlebnisse zu denken und ob wir fähig sind, ihnen eine positive Bedeutung zu geben, ist ein Schlüssel zu unserem Lusterleben. Wie wir über Sex denken, kann uns sowohl beflügeln als auch behindern. Darin sind wir geprägt von Aussagen und Verhaltensweisen der Eltern und später auch von anderen wichtigen Bezugspersonen. Wie ein gutes Gericht setzt sich die menschliche Sexualität aus verschiedenen Komponenten zusammen. Aus der je eigenen Erotik der Frau und des Mannes und ihren erotischen Fähigkeiten, die sie sich allein und zusammen mit dem Liebespartner erwerben. Dann aus ihren Liebesgefühlen und ihrem sexuellen Begehren. Und zuletzt auch aus ihren Fähigkeiten der Verführung und der erotischen Kommunikation. Diese verschiedensten Zutaten zusammen werden zu einem erfüllenden Erlebnis. Je besser es uns als Mann und Frau gelingt, unseren Körper und die Funktion unseres Geschlechts zu kennen und damit unsere ganz eigene Erotik zu entwickeln, desto genussvolleren Sex werden wir erleben.
Deine Frage, was Ihr dürft oder nicht, ist schnell beantwortet. Wenn Ihr zwei es wollt, schön findet, Euch nicht gegenseitig unter Druck setzt, dann ist alles erlaubt im Bett. Das Hohelied der Bibel kennt keine Prüderie. Diese Texte sind voller Worte, die unverkrampfte Leiblichkeit ausdrücken. Und zwar von Mann und Frau. Was wir im Sex tun, wie wir dabei empfinden, was wir uns dabei erlauben, wie wir darüber denken, all das ist erlernt und abgeschaut. Und all das kann daher auch umgelernt oder dazugelernt werden. Erst das wiederholte Erleben genussvoller sexueller Erregung stellt negative Botschaften außer Kraft. Dann erst können Seele, Geist und Körper zulassen und empfinden, dass gut ist, was sich gut anfühlt. Die Frage ist nun natürlich, wie Ihr dazu kommt, Euer Repertoire zu erweitern, das offenbar nicht viel Abwechslung bietet.
Wenn Deine Frau sich in der Sexualität unsicher fühlt, hat es direkten Einfluss darauf, wieviel körperliche Bewegung Sie zur Erregungssteigerung einsetzt und welche Berührungen Sie zulässt. Die Freiheit, uns im Geschlechtsakt bewegen zu können, ist ein entscheidender Faktor, Sex lustvoll zu erleben. Erregung braucht ein wechselseitiges An- und Entspannen bestimmter Muskelgruppen, einen bewegten Körper und emotionales und genitales Loslassen. Menschen, die ein gutes Selbstgefühl und sogar Stolz auf das eigene Geschlecht haben, bewegen sich viel unbefangener und spüren dementsprechend auch ihre Erregung besser. Vor allem aber ist es ihnen möglich, Kontrolle abzugeben und die Kontrolle zu verlieren, was sie zum Genuss und Orgasmus bringt.
Als ersten Schritt empfehle ich Dir, sprich mit Deiner Frau über Sex. Mehrmals, immer wieder, ausserhalb des Schlafzimmers. Besorgt Euch Informationen, lest oder schaut sie Euch gemeinsam an und redet darüber. Zum Beispiel den Video-Blog doch-noch.de von Ann-Marlene Henning oder ihre MAKE LOVE Bücher. Oder das Buch Licht an, Socken aus!. Am liebsten würde Ich Dir natürlich mein eigenes Buch LIEBESLUST empfehlen, aber das erscheint leider erst im September. Das Wichtigste ist, dass Ihr Euer Denken, Wissen und in der Folge Eure Praxis erweitert. Sprich - etwas Neues lernt. Guter Sex in der Ehe setzt voraus, seinen Körper zu kennen und zu lieben, seine Persönlichkeit zu kennen und zu lieben und den Liebespartner zu kennen und zu lieben. Das bedingt einen Entwicklungsprozess. Ob Deine Frau da mitmacht? Ich würde schwer davon ausgehen. Allein, dass Du Dir diese Zeit nimmst, auf sie eingehst, Dich auf ein Abenteuer mit ihr einlässt, initiativ wirst, wird sie vermutlich überzeugen. Sofern Du das mit ein bisschen Einfühlungsvermögen anstellst.
Seid Ihr noch zärtlich und küsst Ihr Euch noch ausgiebig ausserhalb des Betts, oder geht es immer gleich zur Sache? Sind die emotionalen Bedürfnisse Deiner Frau befriedigt? Frag Sie danach! Entwickelt eine Kultur, über Sex zu sprechen und Sex zu haben, regelmässig! Verabredet Euch dazu! Verführe Sie dazu!
Herzliche Grüsse und viel erotischen Spass! - Veronika