MISSBRAUCH IN DER KIRCHE
DIE BESTE PRÄVENTION IST AUFKLÄRUNG
VERONIKA SCHMIDT IM GESPRÄCH MIT SARAH STAUB VOM PODCAST DER ZWEIFELCLUB
Wir sprechen über patriarchale Gewalt, Reinheitskultur und die Befreiung daraus. Sexuelle Gewalt, Missbrauch und übergriffige Religiosität in den Kirchen ist leider ein Thema. Und wir sprechen darüber, wie gesunde Sexualität erlernt werden kann - trotz enger, rigider Sexualnormen.
Auf DER ZWEIFELCLUB finden sich weitere vorangehende Folgen zum Thema sexuelle Gewalt in der Kirche:
KEIN WITZ, "ENDLICH GLEICH!" HAT MEINE SEXUALITÄT KOPLETT VERÄNDERT - MÄNNERSTIMMEN
WIEVIEL FEMINISMUS KANN KIRCHE?
WIEVIEL FEMINISMUS KANN KIRCHE?
Darüber habe ich mich mit dem Podcaster Jason Liesendahl von SCHÖNER GLAUBEN unterhalten. Ich war nochmals Gästin bei Jason. Wir sprachen über das Buch "Endlich gleich!" und über dessen christlich-feministische Perspektive. Über Fragen des Bibelverständnisses und warum Feminismus in evangelikalen und freikirchlichen Bezügen auf absehbare Zeit keine großen Durchbrüche zu erwarten hat. Ernüchternd. Aber auch aufrüttelnd. Fand Jason.
OMG - DIE MASKE IST AB!
Veronika Schmidt
OMG, kein Stein bleibt auf dem anderen, wenn man das Buch «Jesus and John Wayne» liest! Jedenfalls nicht für diejenigen, die freikirchlich aufgewachsen sind, wie ich. Die Maske ist ab!
Das Buch von Kristin Kobes Du Mez, Professorin für Geschichte an der Calvin University in den USA, entlarvt akribisch die evangelikale Welt. Deren kalkulierte (kirchliche und politische) Verschwörung für das «gottgegebene» Patriarchat und die weibliche Unterordnung, deren Misogynie, den sexuellen Missbrauch, #churchtoo. Was hat das mit Europa und mit mir zu tun? Viel zu viel. Durch und durch sind wir damit imprägniert. Die ganze evangelikale Welt seit den 50er Jahren hat mitgeholfen, mitfinanziert, exportiert und importiert. Billy Graham, Bill Bright (Campus Crusade for Christ), Fuller Seminary, John Dobson (Focus on the Family), Tim LaHaye, John Eldrige, John Piper, Mark Driscoll und wie sie alle heissen, hypten, unterstützten, förderten und deckten sich gegenseitig und prägten den Evangelikalismus als eine «axtschwingende», die Weiblichkeit beschützende Männlichkeit, der alle Verfehlungen als «testosteronbedingtes Nicht-anders-können» zu verzeihen war. Ihre Welt: Das weisse Haus, das Militär, Purity-Culture, Promise Keepers (fielen später etwas in Ungnade, weil zu soft), Wilde at Heart, Mel Gibson und sein William Wallace…. schiessen, fluchen, Jordan Peterson - eben John Wayne. Über Jahrzehnte wurden Netzwerke und Allianzen geknüpft, die die hyper-komplementaristische Peripherie mit dem gemässigteren, aber nicht weniger dogmatischen, Zentrum verbanden, schreibt Kobes Du Mez.
Selbstverständlich fehlen auch die Königinnen nicht. Das sind Frauen, welche das Patriarchat gross macht und die die “Töchter Gottes” in ihre komplementären Schranken verweisen. In perlengeschmückte kirchliche Oasen mit Duftölen, Schminkkästen, Frisiertischen, Kuchenbacken und Kinderhüten.
Es kann nach dieser Lektüre nicht mehr wundern, weshalb es keine freikirchliche Emanzipationsbewegung gibt. Weshalb an allem Emanzipatorischen und Egalitären komplementaristischer Widerstand klebt wie Teer, und entsprechende Initiativen nicht abheben oder in kürzester Zeit wieder zum Erliegen kommen. Es ist das System! Von Grund auf misogyn aufgebaut, erstickt es jede erstarkende Weiblichkeit im Keim. Das Buch «Jesus and John Wayne» erschien ein Jahr nach meinem Buch «Endlich gleich!». Und gibt mir Erklärungen, weshalb «renommierte» geistliche Männer in Deutschland und der Schweiz wegen meinem Buch «schäumten» (oder feige wegsahen) und alles daransetzten, dass es keine Öffentlichkeit bekam. Ich wollte mein Buch damals «Schämt Euch!» nennen. Der Titel wäre passender denn je. Here we go – schwarz auf weiss – der Antifeminismus in der evangelikalen Lebenswelt hat eine klare Agenda.
Ich habe der Freikirchenwelt meinen Glauben an Gott zu verdanken, das Wissen um und damit erfahren von einer persönlichen Beziehung zu Jesus und ein geistgeleitetes Leben. Das ist mein gläubiger Kern. Darum herum trage ich seit Jahren und Jahrzehnten Lage um Lage ab von ungesunden, gestörten Schichten von religiöser Prägung. Nein, das ist keine Dekonstruktion meines Glaubens, kein «post-irgendwas», das nennt sich Heilwerden, Gesunden in eine gottgewollte, schöpfungsgleiche, gleichberechtigte und gleichgestellte Weiblichkeit und Männlichkeit hinein.
Noch eine Frage zum Schluss: Weshalb werden Bücher wie «Jesus and John Wayne» von Kristin Kobes du Mez und «The Making of Biblical Womanhood: How the Subjugation of Women Became Gospel Truth» von Beth Allison Barr (ebenfalls Professorin der Geschichte) nicht ins Deutsche übersetzt? Abgesehen davon, dass damit vermutlich kein Geld zu verdienen ist. Just asking.